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Aufgeben ist keine Option

Neulich war ich auf dem Geburtstag einer guten Freundin. Zu fortgeschrittener Stunde verwickelte mich eine Bekannte in ein Gespräch über Hunde im Allgemeinen und meinen Hund im ganz Besonderen. Zugegeben, ich war nicht ganz unschuldig an diesem Gespräch. Entzündet hatte sich die ganze Diskussion nämlich daran, dass besagte Bekannte erzählte, wie schlau und gewitzt der Hund ihrer Freundin doch sei, der zwar immer bellend und geifernd auf fremde Hunde zulaufen würde, dann aber 20 cm vor ihnen stehen bleiben und ihnen dann ja nichts tun würde.

Vermeintlicher Löwenmut

Ich hätte es wissen müssen. Wirklich. Ich konnte trotzdem nicht an mich halten, es musste einfach aus mir raus. Genau solche Hundebesitzer gehen mir nämlich wirklich auf den Zeiger. Genau die, die es so süß finden, wenn ihre kleinen Zwergenhunde kurz vor dem Herzklabaster stehen, aber mit vermeintlichem Löwenmut einen ausgewachsenen Riesenschnauzer in die Schranken zu weisen versuchen. Genau die Besitzer, die mit einem Grinsen daneben stehen und gar nicht merken, dass erstens ihr kleiner Hund wahrscheinlich gerade um sein Leben bellt und denen es zweitens auch egal ist, wenn die Halter des angepöbelten Hund denselben irgendwie daran hindern müssen, ihren Teil der Unterhaltung ebenfalls beizutragen.

 

Das Gespräch allerdings, das sich daran anschloss, hatte etwas beinahe Surreales an sich. Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, worauf mein Gegenüber eigentlich hinaus wollte. Es fing nämlich erst einmal mit der Behauptung an, dass Hunde grundsätzlich, solange sie ohne Leine laufen können, alles unter sich ausmachen können und sollen und dass man ebenso grundsätzlich immer seinen eigenen Hund losmachen müsse, wenn einem ein unangeleinter Hund entgegen käme. Wenn dann bei der eventuell sich anschließenden Auseinandersetzung mal ein Hund verletzt würde oder Schlimmeres, dann wäre das so. Das sei Natur. Es sei auch grundsätzlich falsch, seinen eigenen Hund auf den Arm zu nehmen, wenn ein großer Hund auf einen zugerast käme oder sich gar vor den eigenen Hund zu stellen. Denn, siehe oben, Hunde tragen alles unter sich aus und stünden außerdem unter dem Menschen - wenn also ein Hund mal gebissen würde, sei das nicht schlimm, weil - wie gesagt - Natur, aber man wolle ja nicht, dass ein Mensch dabei verletzt würde.

Das machen Hunde unter sich aus

Das Gespräch allerdings, das sich daran anschloss, hatte etwas beinahe Surreales an sich. Es dauerte eine Weile, bis ich verstand, worauf mein Gegenüber eigentlich hinaus wollte. Es fing nämlich erst einmal mit der Behauptung an, dass Hunde grundsätzlich, solange sie ohne Leine laufen können, alles unter sich ausmachen können und sollen und dass man ebenso grundsätzlich immer seinen eigenen Hund losmachen müsse, wenn einem ein unangeleinter Hund entgegen käme. Wenn dann bei der eventuell sich anschließenden Auseinandersetzung mal ein Hund verletzt würde oder Schlimmeres, dann wäre das so. Das sei Natur. Es sei auch grundsätzlich falsch, seinen eigenen Hund auf den Arm zu nehmen, wenn ein großer Hund auf einen zugerast käme oder sich gar vor den eigenen Hund zu stellen. Denn, siehe oben, Hunde tragen alles unter sich aus und stünden außerdem unter dem Menschen - wenn also ein Hund mal gebissen würde, sei das nicht schlimm, weil - wie gesagt - Natur, aber man wolle ja nicht, dass ein Mensch dabei verletzt würde.

Ich hätte das Gespräch spätestens an diesem Punkt beenden müssen. Wirklich. Irgendwie habe ich aber die Kurve nicht gekriegt. Ich habe einfach nicht verstanden, wo das ganze Gespräch eigentlich hinlaufen sollte. Ich soll also Carotte immer von der Leine lassen, wenn so ein kleiner, um sein Leben pöbelnder Hund, auf uns zu kommt? Die machen das dann schon unter sich aus?

Ausbildungsfehler

Ja, im Prinzip sei das richtig, wurde mir beschieden. Wenn aber Carotte mit ernsthaften Verletzungsabsichten auf andere Hunde losgehen würde, dann hätte ich ganz eindeutig einen Ausbildungsfehler gemacht, denn alle Hunde, die sich auf der Straße treffen würden, würden sich sofort als Rudel begreifen und Hunde innerhalb ihres Rudels... genau, machen alles unter sich aus. Das wüde man ja auch bei den Straßenhunden in der Türkei sehen. Wenn mein Hund das nicht könne, hätte ich sie eben nicht richtig erzogen. Aha.

Nun gebe ich umunwunden zu: Ich wünschte auch, Carotte wäre so der Typ Hund, den ich einfach immer freilaufen lassen könnte. Der Typ Hund, der alles mit jedem anderen Hund immer freundlich und eine Friedenspfeife rauchend ganz alleine unter sich ausmacht. Der sich von jedem Hund anpöbeln lassen und dann mit einem freundlichen Schwanzwedeln in aller Ruher erklären würde, warum das aber unter Umständen nicht besonders höflich ist. Keine Frage. So ein Hund wäre toll. Aber so ein Hund ist nicht unbedingt die Realität. Und das hat wenig mit Ausbildungsfehlern und auch nicht mit charakterlichen Schwächen von Hund oder Besitzer zu tun. So ist einfach das Leben.

Du musst den Hund einschläfern lassen

Ich hatte nun durchaus begriffen, dass mein Gegenüber und ich an diesem (und vielen anderen Punkten) nicht auf einen Nenner kommen würden. Damit konnte ich leben. Verblüffend fand ich dann aber die Schlussfolgerung, die meine Bekannte und ihr Ehemann zogen: Da ich meinen Hund offensichtlich falsch ausgebildet hätte und dieser so widernatürlich und nicht in der Lage sei, sich freilaufend und in friedlicher Absicht mit den anderen freilaufenden Hunden des Viertels zu arrangieren, dann müsse der Hund eben weg. 

Weg? Ich musste tatsächlich noch mal nachfragen. Aber tatsächlich, so war es. Ohne jemals mit mir spazieren gegangen zu sein, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben von meinem Leben mit meinen Hunden, wurde befunden, Carotte sei zu stressig für mich und darum sollte ich sie endlich einschläfern lassen.

Lifestyle-Mentalität

Von allem Offensichtlichen mal abgesehen: Wenn dir dein Hund zu stressig ist, lass ihn einschläfern? Wenn er nicht zu deinem Lifestyle passt, dann tu ihn weg? Vielleicht sollte ich mir in Zukunft einfach nur ein dieser netten kleinen Wackeldackel kaufen, die ich als Kind schon gehabt habe. Jene Hunde, die auf Knopfdruck vorwärts laufen oder sich wahlweise hinsetzen und bellen. Die wären dann jedenfalls weder zu stressig für mich, noch könnte ich jemals irgendwelche Ausbildungsfehler machen. Einen Knopf zu drücken ist gerade noch machbar.Es ist ja keine Frage, natürlich wäre mein Leben oft einfacher, wenn Carotte eben nicht ihre ganz eigene Meinung hätte zu individueller Distanz und Hunden, die ihr nicht in die Quere zu kommen haben. 

Um mit Hesse zu sprechen: Mein Leben wäre vielleicht einfacher, wenn ich Carotte nie getroffen hätte. Es wäre nur nicht mein Leben. Aufgeben ist keine Option.

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Kommentare: 2
  • #1

    Dominice Haack (Sonntag, 08 September 2019 09:25)

    Hätte, wäre, wenn.... mir ist nur eines völlig klar geworden beim lesen. Ich möchte sehr hoffen, das dieses Ehepaar keinen Hund hat!!!

  • #2

    Talina (Sonntag, 08 September 2019 11:51)

    Ich bin echt ein wenig sprachlos � was soll sowas!? Allein die Auffassung das sich alle auf der Straße begegnenden Hunde als Rudel begreifen würden.. da würden meine beiden Hunde denen aber was husten oder eben knurren/bellen.
    Die Krönung ist aber echt Carotte einzuschläfern, weil sie in deren Augen falsch erzogen wurde �. Spätestens da wäre ich dann kommentarlos aufgestanden. Ist denen in ihrer merkwürdigen Logik einmal der Gedanke gekommen, das Hunde ebenso wie Menschen unterschiedliche Persönlichkeiten sind!? Nicht jeder ist der Umarmungstyp um es mal so auszudrücken und der Eine sagt eben freundlich "Halt mal Abstand", wo der Andere ggf seinem Gegenüber eine klatscht.

    Also meine Runde leben nach unseren Gassi Runden noch, Carotte wollte sie NICHT fressen und meine Hunde sind ganz sicher auch NICHT gestorben, das sie nicht "Hallo" sagen konnten. Denn die armen Hunde dürfen auch nicht alles allein ausmachen..